Team­ar­beit: Fluch oder Segen? Wir gehen der Frage nach, wie Teams erfolg­reich werden und wie aus einer Gruppe von Men­schen eine echte Mann­schaft wird.

Laut einer Umfrage gehört ​“Team­ar­beit” zu den Begrif­fen, nach denen Per­so­nal­chefs in Lebens­läu­fen am häu­figs­ten suchen. Auch in Bewer­bungs­ge­sprä­chen bezeich­nen sich Kan­di­da­ten gerne als ​“echte Team­player”. Doch was bedeu­tet es eigent­lich, team­fä­hig zu sein? Und wie ist Team­ar­beit über­haupt ent­stan­den? Dafür müssen wir ziem­lich weit zurück­ge­hen, denn Team­ar­beit gab es sogar schon in der Stein­zeit!

Koope­ra­tion statt Kon­kur­renz

Allein­gän­ger hatten es in der Stein­zeit schwer, denn Koope­ra­tion und Zusam­men­halt waren schon immer wich­ti­ger Fak­to­ren für das eigene Über­le­ben. Wer in einer Höhle wohnt und nicht frie­ren möchte, braucht schließ­lich die Kör­per­wärme eines ande­ren Men­schen. Und auch ein Mammut lässt sich nicht alleine erle­gen. So jagten Männer immer in klei­ne­ren Grup­pen und erleg­ten ihre Beute zu zweit oder zu dritt. Schlechte Koor­di­na­tion ent­schied bei der Jagd schließ­lich über Leben und Tod und so ent­wi­ckel­ten Stein­zeit­men­schen bereits erste Stra­te­gien der Zusam­men­ar­beit. Evo­lu­ti­ons­bio­logen schlie­ßen daraus, dass dem Men­schen koope­ra­ti­ves Ver­hal­ten eigent­lich besser liegt, als stän­di­ger Wett­be­werb.

Laut der Gesell­schaft für Teament­wick­lung und Qua­li­fi­zie­rung, lie­fert die Früh­ge­schichte wei­tere Bei­spiele für erfolg­rei­che Team­ar­beit. Schließ­lich wurde weder die Pyra­mide von Giza noch die Chi­ne­si­sche Mauer von einer ein­zi­gen Person errich­tet. Zu dieser Zeit kamen Teams jedoch sehr unfrei­wil­lig zusam­men. Beim Bau der großen Pyra­mide muss­ten 10.000 Arbei­ter gemein­sam anpa­cken, die dabei wenig Mit­spra­che­recht oder Ent­schei­dungs­frei­raum hatten. Was als Trei­be­rei einer großen Gruppe begann, ver­än­derte sich erst mit der indus­tri­el­len Ent­wick­lung.

Fritz Roeth­lis­ber­ger und Dick­son führ­ten zwi­schen 1924 und 1932 empi­ri­sche Stu­dien durch, um die Team­ar­beit zu erfor­schen. Die Metho­den ihrer soge­nann­ten Haw­t­horne-Expe­ri­mente gelten auch heute noch als umstrit­ten. So ließen sie Men­schen für eine lange Zeit in kom­plet­ter Dun­kel­heit arbei­ten. Dabei konn­ten sie ein inter­es­san­tes Phä­no­men beob­ach­ten: Die Bezie­hun­gen zwi­schen den Arbei­tern wurde so stark, dass die extre­men Arbeits­be­din­gun­gen keinen Ein­fluss auf ihre Psyche nahmen. Dick­son und Roeth­lis­ber­ger schlos­sen daraus, dass mensch­lich-soziale Bezie­hun­gen für die Pro­duk­ti­vi­tät essen­ti­ell wich­tig sind. So ent­stand die Human-Rela­ti­ons-Bewe­gung, die Grup­pen­ar­beit in den Vor­der­grund stellte.

Egal, ob es darum geht ein Mammut zu jagen, jeman­dem einen Stein zu rei­chen oder im Dun­keln neben­ein­an­der zu arbei­ten, einen essen­ti­el­len Faktor der Team­ar­beit scheint es seit Jahr­tau­sen­den zu geben: Das Ver­trauen. Heut­zu­tage sind die Arbeits- und Lebens­be­din­gun­gen weni­ger radi­kal. Für die meis­ten Tätig­kei­ten ist Team­ar­beit jedoch nach wie vor unab­ding­bar. Was brau­chen Teams von heute, um gut zu funk­tio­nie­ren?

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Die Team-Skills von heute

Wann immer meh­rere Men­schen auf ein gemein­sa­mes Ziel hin­ar­bei­ten, ist schon ein Team ent­stan­den. Wie effek­tiv die Zusam­men­ar­beit ist, hängt jedoch von der Team­fä­hig­keit der ein­zel­nen Mit­glie­der ab. Ent­schei­dend sind die soge­nann­ten ​“Soft-Skills” wie bei­spiels­weise Kom­mu­ni­ka­tion, Kon­flikt­fä­hig­keit, Kom­pro­miss­be­reit­schaft, Empa­thie und Kon­flikt­ma­nage­ment.

Warum Soft-Skills so wich­tig sind, erklärt Pro­fes­sor Michael Kast­ner, Leiter des Insti­tuts für Arbeits­psy­cho­lo­gie und Arbeits­me­di­zin: ​“Psy­cho­so­ziale Fak­to­ren werden so wich­tig, weil wir ver­schie­dene Leute mit unter­schied­li­chem Wissen dahin brin­gen müssen, dass sie ihr Wissen in einen gemein­sa­men Topf der Pro­blem­lö­sung werfen und dann gemein­sam am selben Strick in die­selbe Rich­tung ziehen.” Laut Kast­ner sind Soft Skills also keine Mode­er­schei­nung. Team­ar­beit for­dert den Ein­zel­nen heraus, seine emo­tio­nale Intel­li­genz wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und so fähig zu werden, mit ande­ren zusam­men­zu­ar­bei­ten.

Zusam­men­fas­send kann man sagen, dass die Soft Skills der Team­mit­glie­der über den Erfolg der Arbeit ent­schei­den. Genauso wich­tig ist die Orga­ni­sa­tion und der Aufbau des Teams.

Funk­tio­nie­rende Teams auf­bauen

Team­ar­beit hat sich in den letz­ten Jahr­tau­sen­den immer wieder bewährt. Auch wenn die meis­ten Men­schen nicht im Dun­keln arbei­ten oder gemein­sam auf die Jagd gehen, hat die Zusam­men­ar­beit einen Effekt auf die Pro­duk­ti­vi­tät und Zufrie­den­heit. Ein Test, der an der Ruprecht-Karls-Uni­ver­si­tät Hei­del­berg mit Stu­die­ren­den durch­ge­führt wurde, ergab, dass sich die Stu­den­ten am wohls­ten fühl­ten, die einer Klein­gruppe zuge­ord­net waren.

Die Ergeb­nisse wurden in einem Arti­kel der Zeit zusam­men­ge­fasst. Kurz: Die For­scher kamen zu dem Ergeb­nis, dass Stu­den­ten, die gemein­sam mit ande­ren in einer klei­nen Gruppe eine Prü­fung absol­vier­ten, eine gerin­gere Stress­re­ak­tion vor­wie­sen. Die Teil­neh­mer hatten sogar gerin­gere Cor­ti­sol­werte im Blut. Wer eine Prü­fung in einer Gruppe absol­viert, fühlt sich auf­grund der Zuge­hö­rig­keit also ent­spann­ter und auch glück­li­cher. Inter­es­san­ter­weise war dieser Effekt bei großen Grup­pen nicht nach­zu­wei­sen. Wer ein funk­tio­nie­ren­des Team auf­bauen möchte, sollte sich also zunächst über die Team­größe Gedan­ken machen.

Laut der Wirt­schafts­psy­cho­lo­gi­schen Gesell­schaftwerden Ent­schei­dun­gen schwe­rer, lang­wie­ri­ger und qua­li­ta­tiv schlech­ter, je größer das Team ist. Das macht natür­lich Sinn, da allein die Ter­min­fin­dung aber auch Abspra­chen, Pro­zesse und Feed­back­schlei­fen durch meh­rere Ter­min­ka­len­der und Köpfe gehen müssen. Eine andere Studie fand außer­dem heraus, dass die Wahr­schein­lich­keit für Kon­flikte eben­falls mit der Anzahl der Team­mit­glie­der steigt.

Exper­ten haben sich darauf geei­nigt, dass ein opti­ma­les Team aus weni­ger, bzw. maxi­mal 8 Mit­glie­dern bestehen sollte. Sobald man seine ​“Super 8” zusam­men hat, soll­ten fol­gende Fak­to­ren beach­tet werden, um die Team­mit­glie­der zum Erfolg zu führen:

  1. Vision
    Es sollte ein gemein­sa­mes Ziel defi­niert werden, das wie ein ​“Leit­stern” funk­tio­niert. Die Vision hilft dabei, zu prio­ri­sie­ren und Auf­ga­ben oder Ideen liegen zu lassen, wenn sie keinen Schritt auf dem Weg zum Ziel dar­stel­len. Aus der Vision sollte ein Fokus für das gesamte Team abge­lei­tet werden, dem alle zustim­men können.

  2. Respekt
    Respekt mag offen­sicht­lich sein, ist aber nicht immer gege­ben. Respekt für das Team und ein­zelne Mit­glie­der zu haben, bedeu­tet: Acht­sam zuhö­ren, jeden aus­spre­chen lassen, Kon­flikte mit Acht­sam­keit lösen, wäh­rend der Team­mee­tings nicht am Smart­phone hängen und pünkt­lich zu jedem Tref­fen erschei­nen.

  3. Rol­len­ver­tei­lung
    Die Rol­len­ver­tei­lung inner­halb eines Teams sollte klar defi­niert sein. Wer über­nimmt die Steue­rung? Wer ist der krea­tive Kopf? Wer kann Ana­ly­sen und Aus­wer­tun­gen machen? Wer schreibt die Agenda? Auch wich­tig: Viele Men­schen haben gute Ideen, Prä­sen­ta­tio­nen sind aller­dings nicht jeder­manns oder jeder­fraus Stärke. In einem Team sollte jede Idee die glei­che Zuwen­dung bekom­men, auch wenn sie im Ver­gleich nicht gut ​“ver­kauft” wird.

  4. Ver­trauen
    Sobald die Rollen defi­niert sind, sollte man darauf ver­trauen können, dass sich jeder um seine Auf­ga­ben küm­mert. Ver­trauen heißt auch, die Kon­trolle abzu­ge­ben und alle Mit­glie­der eigen­ver­ant­wort­lich han­deln zu lassen. Dazu gehört, dass sich jeder auf Mee­tings vor­be­rei­tet, seine Auf­ga­ben erle­digt und sich eigen­stän­dig um die Aus­füh­rung küm­mert. Außer­dem muss jeder darauf ver­trauen können, dass er oder sie respek­tiert wird und Raum hat, sich aus­zu­drü­cken.

  5. Sinn­ge­bung
    Laut einer Studie der Manage­ment­be­ra­tung Bain & Com­pany, ver­brin­gen deut­sche Füh­rungs­kräfte rund 7.000 Stun­den pro Jahr in Mee­tings. Es lässt sich dar­über strei­ten, wie viele davon wirk­lich sinn­voll sind. Die Team­lei­tung — und das muss nicht immer die Füh­rungs­kraft des Unter­neh­mens sein — sollte seinen Team­mit­glie­dern also unbe­dingt klar machen, warum das Mee­ting sinn­voll ist. Der Sinn steht in engem Zusam­men­hang mit der Vision, kann sich aber auch auf klei­nere Teil­auf­ga­ben bezie­hen, deren Sinn viel­leicht nicht jedem Team­mit­glied auf Anhieb klar ist.

  6. Rituale
    Gemein­same Rituale stär­ken den Team­geist und können auch außer­halb eines Team­mee­tings statt­fin­den. So können sich die ein­zel­nen Mit­glie­der zum Bei­spiel einmal pro Woche zum Mit­tag­es­sen tref­fen oder das Mee­ting mit einer gemein­sa­men Medi­ta­tion begin­nen. Andere Rituale wären gemein­same Pausen mit Snacks oder ein ​“Blitz­licht”. Das Blitz­licht geht reihum und ermög­licht jedem Mit­glied, kurz dar­über zu spre­chen, wie es ihm oder ihr geht und was die Person gerade beschäf­tigt. Ein schö­ner Weg, sich besser ken­nen­zu­ler­nen und auf per­sön­li­cher Ebene zu begeg­nen.

  7. Aner­ken­nung
    Wert­schät­zung ist essen­ti­ell für den Zusam­men­halt im Team. Die Arbeit des Teams wert­zu­schät­zen, ist nicht unbe­dingt Auf­gabe der Team­lei­tung. Jeder sollte sich umschauen und sich trauen, Lob aus­zu­spre­chen, wenn es ange­bracht ist. Aner­ken­nung bedeu­tet auch, gemein­same Teil­er­folge zu feiern und das Ende eines Pro­jekts so rich­tig zu zele­brie­ren.

Team­ar­beit gibt es in vielen Beru­fen und wird und wird wahr­schein­lich immer einen Teil der Arbeits­kul­tur aus­ma­chen. Wich­tig ist, dass es durch­aus Pro­jekte gibt, in denen Team­ar­beit nicht ange­bracht ist oder den Pro­zess sogar ver­lang­samt. Wer eine ​“team­ar­beits­freie” Zeit hat, kann seine Team­fä­hig­kei­ten aber trotz­dem weiter schu­len. Egal, ob in einem Sport­ver­ein oder im Freun­des­kreis — wenn Men­schen zusam­men­kom­men, hat man immer die Chance, eine Erfah­rung von Gemein­schaft und Zuge­hö­rig­keit zu machen. Eines der wich­tigs­ten Gefühle für Zufrie­den­heit.